Von den 24 Stunden, die jedem von uns täglich zur Verfügung stehen, bleibt nur etwa ein Drittel zur freien Entfaltung übrig. Doch auch während der restlichen acht Stunden, tun wir nicht ungehindert was wir wollen. Haushaltspflichten, Einkaufen uns sonstige private Erledigungen, fressen einen Großteil dessen, was sich eigentlich Freizeit schimpft. Hobbies und „Me-time“, wie die Zeit für und mit sich selbst, neudeutsch gerne genannt wird, kommen so letzten Endes oft zu kurz. Hat man es dann doch noch geschafft, ein paar ungestörte Minuten oder Stunden zu ergattern, will diese kostbare Zeit auch angemessen genutzt und ausgekostet werden.
Auf die Frage nach dem besten Zeitvertreib, hat jeder eigene, teilweise sehr spezielle Antworten. Die persönlichen Lieblingsbeschäftigungen und „go-to’s“ der guten Laune. Eine kleine Privatinsel des Hedonismus in einer Welt voller Regeln und Pflichten. Viele von uns wünschen sich am Ende eines langen Arbeitstages nichts mehr, als den Feierabend entspannt auf der Couch zu verbringen. Ein guter Film, leckeres Essen. Perfekt! Der Plan steht. Doch wie so oft, steckt der Teufel im Detail. Wie kostet man die wertvolle Freizeit am besten aus und findet unter all den Möglichkeiten, die eine, die BESTE, die es auch wirklich wert ist? Welcher Film? Durchstöbere ich erst Netflix, Prime oder schau ich mir was auf YouTube an? Naja, erstmal Essen bestellen… aber welches? Burger, Pizza, Asiatisch…? First world problems.
Früher war alles besser… und glücklicher
Während vergangene Generationen glücklich darüber waren, zumindest aus einer kleinen Anzahl an Freizeitbeschäftigungen wählen zu können bzw. zu dürfen, sehen wir uns heute mit einem ganz anderen Luxus(problem) konfrontiert. Es gibt eine scheinbar endlose Anzahl an „Glücklichmachern“, denen wir unsere Zeit, unser Geld und unsere Aufmerksamkeit widmen könnten. Die Suche nach „der besten“ Option für uns und unser Vergnügen, lässt sich da nur noch schwer mal eben im Handumdrehen fällen. „Für welches Glück soll ich mich nur entscheiden?“
Die Qual der Wahl ist allgegenwärtig und allseits bekannt, doch obwohl wir dieses Sprichwort immer wieder vor Augen haben, erkennen wir nicht den wahren Nutzen, der darin steckt. Wird die Wahl zur Qual, sollten wir der Wahl besser nicht mehr so viel Beachtung schenken.
Dies ist keinesfalls ein Aufruf dazu, die eigenen Prinzipien und Neigungen beim Treffen von Entscheidungen komplett über den Haufen zu werfen. Aber seien wir doch mal ehrlich. Die Wahl zwischen Salamipizza und Cheeseburger stellt uns bei der Essensbestellung vor größere Probleme, als die Frage, CDU oder SPD, bei der nächsten Bundestagswahl. Salvatore, vom Lieferdienst ums Eck, hat größeren Einfluss auf unser persönliches Glück, als Frau Merkel im Kanzleramt. Klingt bescheuert? Ist es auch! Führt man sich jedoch vor Augen mit welcher Inbrunst und inneren Zerrissenheit wir kleinen, scheinbar unwichtigen Entscheidungen gegenüber treten, so merkt man sehr deutlich, wie die Wahl zur Qual wird.
Das Abwägen von alternativen Handlungsoptionen ist in einer Zeit, in der es für jeden Bedarf nicht nur ein oder zwei, sondern eher ein- bis zweihundert Angebote gibt, zu einer Odyssee geworden. Wir verhalten uns wie ein Segler, der davon träumt an einer wundervollen Karibikinsel anzulegen. Kurz vor dem Ziel verzweifelt er dann jedoch an der Frage, welchen Hafen er als erstes anlaufen will. Weißer Sandstrand oder doch lieber türkisblaue Bucht? Das Grübeln kostet ihn so viel Zeit und Nerven, dass er gar nicht bemerkt, wie die Sonne sich langsam aber sicher dem Horizont nähert. Als er sich endlich für den Strand entschieden hat dämmert es bereits. Der Segler wird unruhig, weil er sich beeilen muss, um nicht die Leuchtquallen zu verpassen, die ein paar Seemeilen weiter an der Wasserobfläche auftauchen, sobald die Nacht hereinbricht. Also schnell noch grinsend ein Selfie für die Insta-Story machen und weiter geht’s! Zumindest in dieser Hinsicht, sind seine Prioritäten ziemlich eindeutig.
Gut, besser, am Besten!
All die Möglichkeiten und Optionen, aus denen wir wählen können, haben das Ziel uns zufrieden und letzten Endes glücklich zu machen. Ironischer Weise wird es jedoch immer komplizierter, das Glück zu ergreifen, je mehr Wege dorthin sich uns bieten. Umso mehr Optionen es gibt, desto eher erliegen wir der Illusion, dass nur eine davon die richtige sein kann. Umso größer die Wahl, desto größer die Qual. Während wir uns also damit stressen, Möglichkeiten zu vergleichen, wird der urprüngliche Leidensdruck nur immer größer. Oder einfach ausgedrückt: Umso länger man sich mit der Wahl zwischen Pizza und Burger herumschlägt, desto länger hat man Hunger.
Rein rational ist uns durchaus klar, dass wir in der Regel nicht zwischen zwei Extremen zu wählen haben. Es ist keine Wahl zwischen ganz oder gar nicht. Noch nicht einmal zwischen gut oder schlecht, sondern meistens eher zwischen gut und „vielleicht ein bisschen besser als gut“. Wir werden auf jeden Fall etwas zu Essen bekommen und dabei in gemütlicher Atmosphäre einen Film schauen. Beim Blick auf die Speisekarte oder das Streamingangebot, verfallen wir aber trotzdem in ein emotionales Schwarz-Weiß-Denken, frei nach dem Motto: „Nur das Beste ist gut genug.“
Doch warum ist das so? Warum ist gut nicht gut genug? Ganz einfach, FOMO!
Gesundheit…
Einmal alles bitte!
„Fear of missing out“, oder kurz “Fomo”, bezeichnet die Angst, etwas zu verpassen, wenn man den Blick nicht in alle Richtungen wendet und nicht jede sich bietende Möglichkeit zumindest in Erwägung zieht. Dieser Begriff, der entstand, weil die Informationsflut des Social-Media und Smartphonezeitalters uns permanent mit Möglichkeiten und scheinbar wichtigen Dingen bombardiert, lässt sich 1 zu 1 auf unsere persönliche Suche nach dem Glück übertragen. Hat unser Karibik-Segler nur eine simple Karte, auf der ein paar wenige Inseln eingetragen sind, so wird es ihm leicht fallen auf Basis der wenigen Informationen, die ihm zur Verfügung stehen, die Vor- und Nachteile der einzelnen Destinationen gegeneinander abzuwägen und sich für eine der Optionen zu entscheiden. Nutzt er hingegen Google-Maps, das ihm jeden noch so kleinen Flecken Land offenbart, inkl. aller Hotels, Restaurants und Sehenswürdigkeiten samt tausender Bewertungen von anderen Reisenden, so wird die Wahl nur umso schwieriger. Es sei denn, der Kapitän unseres Schiffs sagt: „Scheiß drauf!“
Egal, was es dort drüben gibt. Egal, was ich woanders vielleicht verpassen könnte. Dies hier ist meine Entscheidung, das ist mein Weg! Der Kapitän trifft seine Wahl mühelos, weil er nicht auf der Suche nach Perfektion ist. Kein schwarz oder weiß, sondern 50 shades of grey. Welcher Grauton? Scheiß egal…
Wie glücklich wir mit unseren Entscheidungen sein werden, können wir jetzt noch nicht wissen. Bewerten lässt sich eine Wahl immer erst im Nachhinein. Die einzig „falsche“ Entscheidung ist es, sich nicht zu entscheiden und so unnötig Zeit zu verschwenden. Der Stress, der durch dieses innere Tauziehen entsteht, ist der wahre Glückskiller, nicht die kleinen Unterschiede im Ergebnis. Ist doch egal ob Sandstrand oder Kokospalmen. Hauptsache Karibik!
Du bist dann am glücklichsten, wenn Glück dir eigentlich egal ist.
Das Leben stellt uns oft genug vor große, wirklich wichtige Entscheidungen, die wir mit Bedacht und klarem Verstand beantworten müssen. Wer den kleinen Entscheidungen des Alltags jedoch nicht mit etwas Gelassenheit und Gleichmut gegenübertritt, der verbaut sich sein eigenes Glück und kultiviert Unentschlossenheit und Wankelmut. Solche Verhaltensmuster werden im Laufe der Zeit zu Gewohnheiten und sind der wahre Grund, warum das Glück uns scheinbar immer einen Schritt voraus ist. Wir bekommen es nie zu fassen, weil wir zu sehr damit beschäftigt sind nachzugrübeln, ob „dieses Glück“ unserer würdig ist, oder ob wir nicht doch besser noch weitersuchen. Viel entscheidender ist jedoch die Frage ob wir, des Glückes würdig sind. Wollen wir zum Kapitän unseres Lebens werden und selbstbewusst den Kurs bestimmen, oder soll unser Dasein ein ewiger Konjunktiv bleiben? Glück entsteht durch Gelassenheit. Gelassenheit entsteht, wenn wir akzeptieren was ist und wenn wir das, was sein könnte, einfach sein lassen.
Wir selbst entscheiden, ob unser Leben ein Frage- oder Ausrufezeichen ist. Leinen los und volle Kraft voraus! Oder willst du lieber nochmal darüber nachdenken?